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So sieht das ty­pi­sche Mehr­fa­mi­li­en­haus in Deutsch­land aus

The­men: En­er­gie­spa­ren

Essen, 27.08.2020. Ein Mehr­fa­mi­li­en­haus ist in Deutsch­land durch­schnitt­lich über 40 Jahre alt, wird mit Erd­gas ge­heizt und hat bei der En­er­gie­ef­fi­zi­enz Po­ten­ti­al nach oben. Das zeigt eine bun­des­wei­te Stu­die, die Sta­tis­ti­ker der TU Dort­mund und der En­er­gie­dienst­leis­ter ista durch­ge­führt haben.

 

Fast die Hälf­te der über 40 Mil­li­o­nen Woh­nun­gen in Deutsch­land be­fin­det sich in Mehr­fa­mi­li­en­häu­sern. Wenn durch die Corona-​Krise Mil­li­o­nen Men­schen mehr Zeit zu­hau­se ver­brin­gen, ge­win­nen die Be­schaf­fen­heit und der en­er­ge­ti­sche Zu­stand der Wohn­ge­bäu­de wei­ter an Be­deu­tung. Aber wie genau sieht das ty­pi­sche Mehr­fa­mi­li­en­haus hier­zu­lan­de aus und wie ist seine En­er­gie­bi­lanz be­schaf­fen? Sta­tis­ti­ker der TU Dort­mund und der En­er­gie­dienst­leis­ter ista haben diese Fra­gen an­hand der Daten von bun­des­weit über 74.000 Ge­bäu­den un­ter­sucht. Das Er­geb­nis ist ein Steck­brief des ty­pi­schen Mehr­fa­mi­li­en­hau­ses auf Bundes-​ und Lan­des­ebe­ne:

 

Im Bun­des­durch­schnitt ist das ty­pi­sche Mehr­fa­mi­li­en­haus im Jahr 1978 ge­baut wor­den und damit 42 Jahre alt. Das Ge­bäu­de ver­fügt ins­ge­samt über 521 qm Heiz­flä­che. Es hat sie­ben Nutz­ein­hei­ten bzw. Woh­nun­gen, die im Durch­schnitt circa 65 qm groß sind. Ge­heizt wird das ty­pi­sche bun­des­deut­sche Mehr­fa­mi­li­en­haus mit Erd­gas, die Hei­zungs­an­la­ge wurde 1997 ein­ge­baut und ist damit 23 Jahre alt. Das Ge­bäu­de ist nicht zwin­gend sa­niert: Am häu­figs­ten wurde die Heiz­an­la­ge er­neu­ert (48 Pro­zent), ge­folgt vom Dach, den Fens­tern und der obers­ten Ge­schoss­de­cke (je­weils 43 Pro­zent). Der En­er­gie­kenn­wert des Ge­bäu­des liegt bei 118, was der mitt­le­ren Ka­te­go­rie D auf dem En­er­gie­aus­weis ent­spricht. Im ty­pi­schen Mehr­fa­mi­li­en­haus ist somit durch­aus wei­te­res En­er­gie­ein­spar­po­ten­ti­al vor­han­den.

Po­ten­ti­al beim En­er­gie­spa­ren

 

Neben der Ge­bäu­de­sa­nie­rung und der Mo­der­ni­sie­rung der Heiz­an­la­ge ist das Heiz­ver­hal­ten ein wich­ti­ger Hebel für mehr En­er­gie­ef­fi­zi­enz. „Das Nut­zer­ver­hal­ten kann bei der En­er­gie­ef­fi­zi­enz im Mehr­fa­mi­li­en­haus den Un­ter­schied ma­chen. Durch ein op­ti­mier­tes Heiz­ver­hal­ten kön­nen die Be­woh­ner nicht nur Kos­ten spa­ren, son­dern auch ge­mein­sam die En­er­gie­bi­lanz des Ge­bäu­des ver­bes­sern. Dazu muss die Di­gi­ta­li­sie­rung im Ge­bäu­de ge­stärkt wer­den“, sagt Tho­mas Zin­nö­cker, CEO von ista, mit Blick auf die Er­geb­nis­se der Stu­die. Al­lein durch eine häu­fi­ge­re und zeit­na­he Ver­brauchs­in­for­ma­ti­on für die Be­woh­ner – wie es die neue eu­ro­päi­sche Energieeffizienz-​Richtlinie (EED) for­dert – lie­ßen sich zehn Pro­zent der Heiz­ener­gie im Ge­bäu­de ein­spa­ren. Für die sie­ben Par­tei­en im ty­pi­schen bun­des­deut­schen Mehr­fa­mi­li­en­haus wür­den da­durch die jähr­li­chen Heiz­kos­ten in Summe von durch­schnitt­lich 3.524 auf 3.172 Euro ge­senkt wer­den kön­nen. Die tech­ni­sche Vor­aus­set­zung dafür ist, dass die Wär­me­ver­bräu­che im Ge­bäu­de di­gi­tal er­fasst wer­den. Im ty­pi­schen Mehr­fa­mi­li­en­haus in Deutsch­land ist dies be­reits heute der Fall.

Re­gi­o­na­le Un­ter­schie­de, Osten bei Sa­nie­rung und En­er­gie­ef­fi­zi­enz vorn

 

Die vor­wie­gen­de Heiz­ener­gie­art im ty­pi­schen Mehr­fa­mi­li­en­haus ist mit Erd­gas über alle 16 Bun­des­län­der hin­weg gleich. Bei den Sa­nie­run­gen liegt das ty­pi­sche Mehr­fa­mi­li­en­haus in Bran­den­burg im Län­der­ver­gleich klar vorn (Dach 66 Pro­zent, obers­te Ge­schoss­de­cke 67 Pro­zent, Au­ßen­wand 61 Pro­zent, Fens­ter 71 Pro­zent, Kel­ler­de­cke 49 Pro­zent). Die ein­zi­ge Aus­nah­me bil­det die Sa­nie­rung der Hei­zungs­an­la­ge, hier nimmt das Haus in Schleswig-​Holstein mit 58 Pro­zent den Spit­zen­platz ein. Den mit Ab­stand ge­rings­ten En­er­gie­kenn­wert haben die Mehr­fa­mi­li­en­häu­ser in Mecklenburg-​Vorpommern (96), Sach­sen (101) und Thü­rin­gen (101). Die höchs­ten En­er­gie­kenn­wer­te wei­sen die Ge­bäu­de in Ber­lin (128) und Ham­burg (128) sowie Bre­men (126) und Schleswig-​Holstein (126) auf. „Das ty­pi­sche Mehr­fa­mi­li­en­haus kann in Sa­chen En­er­gie­ef­fi­zi­enz eine Re­no­vie­rung ver­tra­gen“, sagt Pro­fes­sor Wal­ter Krä­mer von der TU Dort­mund. „In West­deutsch­land noch etwas mehr als im Osten. Das zei­gen die Er­geb­nis­se un­se­rer Stu­die mit Blick auf den En­er­gie­kenn­wert und den Sa­nie­rungs­grad der Ge­bäu­de in den ein­zel­nen Bun­des­län­dern.“

 

Die ge­sam­te Stu­die fin­det sich hier.

 

 

Da­ten­ba­sis und Me­tho­dik

 

Für die Stu­die haben Sta­tis­ti­ker der TU Dort­mund und der En­er­gie­dienst­leis­ter ista die Ge­bäu­de­da­ten von bun­des­weit 74.260 Mehr­fa­mi­li­en­häu­sern ana­ly­siert. Mehr­fa­mi­li­en­häu­ser mit Ge­wer­be­ein­hei­ten sowie mit einem jähr­li­chen Ver­brauch unter 15 bzw. über 500 Ki­lo­watt­stun­den (kWh) pro Qua­drat­me­ter (qm) wur­den im Da­ten­satz nicht be­rück­sich­tigt. Die Be­rech­nung der Sa­nie­rungs­quo­ten ba­siert auf 25.154 Mehr­fa­mi­li­en­häu­sern mit En­er­gie­aus­weis aus dem Jahr 2018. Dabei gel­ten das Dach, die obers­te Ge­schoss­de­cke, die Au­ßen­wand, die Fens­ter und die Kel­ler­de­cke als sa­niert, falls diese der Wär­me­schutz­ver­ord­nung 1995 ent­spre­chen. Eine Heiz­an­la­ge gilt als sa­niert, falls diese nicht 20 Jahre oder älter ist. Für die Be­rech­nung der En­er­gie­ein­spar­po­ten­ti­a­le be­zieht sich die Stu­die auf die Er­geb­nis­se des Mo­dell­pro­jekts „Be­wusst hei­zen, Kos­ten spa­ren“ der Deut­schen Energie-​Agentur (Dena) sowie auf den „Wär­me­mo­ni­tor 2018“ des Deut­schen In­sti­tuts für Wirt­schafts­for­schung (DIW Ber­lin).